Das Zeitalter der Ottonen (919 – 1024)
Die Herrscher:
Heinrich I. ( 876 – 936) König seit 919
Otto I. der Große ( 912 – 973 ) König seit 936, Kaiser seit 962
Otto II. ( 955 – 983 ) Mitkönig seit 961, Mitkaiser seit 967, Kaiser seit 973
Otto III. ( 980 – 1002 ) König seit 983, Kaiser seit 996
Heinrich II. ( 973 – 1024 ) König seit 1002, Kaiser seit 1014
Im 10. Jahrhundert wurde das Reich erstmalig als „Regnum teutonicorum“ = Reich der Deutschen benannt. Die existierenden fünf deutschen Stämme – Sachsen, Franken, Schwaben, Bayern und Lotharingien- mussten somit die Oberhoheit eines einzigen Herrschers anerkennen.
Heinrich I., einem sächsischen Grundherrn, gelang dies, nachdem er 919 zum König gewählt und seinen Gegenkönig Arnulf von Bayern ausgeschaltet hatte. Heinrich schützte schon Sachsen tatkräftig, indem er das Heer auf den Reiterkampf umschulte und Burgen zur Befestigung seines Reiches nach Osten hin bauen ließ.
Das damalige Herrschaftsgebiet war dünn besiedelt. Es gab keine Straßen, nur Wege, die durch Sümpfe und Wälder verliefen. Städtische Siedlungen bestanden nur vereinzelt im Süden und Westen des Reiches.
Als Kaiser oder König musste man im Mittelalter ( bis ins 13. Jahrhundert hinein ) von einem Ort zum anderen reisen um zu regieren. Boten wurden außerdem ins Land geschickt, um Aufenthaltsort und Befehle des Königs weiterzuleiten.
Zur Organisation des Reichsinneren kamen noch Italienzüge oder Unruhen in Rom oder der Lombardei hinzu, die die Anwesenheit des Herrschers erforderten. Diese Strapazen schafften nur ganz kräftige Führer.
Es gab keine zentrale Reichsorganisation. Der Zusammenhalt war nur durch die persönliche Bindung zwischen dem jeweiligen Herrscher und seinen Vasallen gegeben. Wie in der Karolingerzeit war der König der oberste Lehensherr. Er vergab Ämter, Burgen oder Land als Lehen, die Vasallen gelobten dafür ihre Gefolgschaft und leisteten Heeresdienst. Die Vasallen konnten ebenfalls Lehen vergeben, so dass sie Lehensherr für untergeordnete Vasallen waren. Es entstand eine Lehenspyramide, der König stand an der Spitze. Nur jemand mit Autorität und der nötigen Ausstrahlung sowie Erfolg im Krieg konnte sich der Treue seiner Gefolgschaft sicher sein.
Unter Heinrich I. gab es im „Deutschen Reich“ anfangs nur vier Stammesherzogtümer. Im Krieg 925 wurde Lotharingien wieder ins Ostfränkische Reich als 5. Stammesherzogtum eingegliedert. Außerdem hatte sich durch die sächsische Machtpolitik das Territorium schon in alle Richtungen erweitert. Heinrichs Führung stand auf Erfolgskurs. Die übrigen deutschen Stämme halfen ihm deshalb auch gegen östliche Stämme, wie z.B. die Ungarn, Erfolge zu erzielen.
Heinrichs Sohn, Otto I. ( der Große ), fühlte sich als Deutscher und war von Anfang an ein selbstbewusster Staatsmann. Nach seiner Krönung zum König im Jahr 936 war für ihn die Innenpolitik des Reiches am wichtigsten. Es dauerte ungefähr zwei Jahrzehnte bis er seine neue Reichsorganisation durchgesetzt und gefestigt hatte. Das Gesamtreich sollte nämlich nicht wie unter den Nachfolgern Karls d.Großen aufgeteilt werden. Sein Vorhaben konnte Otto nur erreichen, weil er sowohl auf die Herzogtümer wie auch neuerdings auf die Besetzung der Bischofsstühle größeren Einfluss nahm. Bischöfe und Reichsäbte wurden zu Hauptstützen seiner Verwaltung, sie bekamen die gleichen Rechte wie die Herzöge des Landes – Gerichtsbarkeit, das Recht Zölle und Abgaben zu erheben sowie das Münzrecht. Da ja den höheren Geistlichen eine Heirat verboten war, fiel nach deren Tod ihr Herrschaftsgebiet an den König zurück. Wer Nachfolger wurde, konnte der König somit alleine bestimmen. Die Einweisung eines neuen Bischofs in sein Amt, symbolisiert durch die Überreichung des Stabes, nennt man Investitur. Bis zum Tod Heinrichs II. ( dem letzten Ottonen ) hatte dieses ottonische Reichskirchensystem aufgrund der Schwäche des Papsttums gut funktioniert.
Zur Sicherung des Systems von Reich und Kirche musste nun Otto I. auch nach der Kaiserwürde streben. Er brauchte die Schirmherrschaft über Kirche und Papsttum.
951 war dafür schon ein Romzug geplant, jedoch war Ottos Position da noch zu schwach gewesen. Nach der Besetzung Oberitaliens war er in die Stadt Pavia in der südwestlichen Lombardei eingezogen. Dort wurde er König der Lombarden und heiratete Adelheid, die Witwe des Königs Lothar von Italien. Alberich II. von Spoleto, ein einflussreicher Fürst in Mittelitalien leistete aber großen Widerstand gegen Ottos Vorhaben. Von 932 – 954 beherrschte Alberich den Kirchenstaat, er nannte sich „Princeps der Römer“ und bevormundete die Päpste.
961 zog Otto der Große dann zum zweiten Mal nach Italien. Kampflos erreichte er mit seiner Gemahlin Adelheid Rom und wurde am 2. Februar 962 von Papst Johannes XII. zum Kaiser gekrönt. Dieses „privilegium Ottonianum“ bestätigte die Rechte des Kirchenstaates und verpflichtete jeden neugewählten Papst vor der Weihe zu einem Treueversprechen.
Byzanz war durch den neuen Kaiser im Westen aufgeschreckt. Jedoch gestand man nach schwierigen Verhandlungen Otto I. die Kaiserwürde zu. Die Eheschließung von Otto II. mit der byzantinischen Prinzessin Theophanu half dabei. Otto II., Sohn Ottos d.Gr., war bereits zum Mitkaiser gekrönt worden. Ein deutsch-römisches Kaisertum fand seinen Anfang und festigte die Vorrangstellung des deutschen Reiches in Mitteleuropa.
Nach dem Tod Ottos I. wurde sein Sohn Otto II. als 18-Jähriger nun der Nachfolger. Dadurch dass er schon seit 961 Mitkönig und seit 967 Mitkaiser war, galt die Nachfolge als gesichert.
Militärisch und diplomatisch trat Otto II. in die Fußstapfen seines Vaters. Er kämpfte um die Beherrschung Süditaliens wie auch um eine Reichsherrschaft im gesamten Territorium. 982 erlitt er jedoch in Tarent eine schlimme Niederlage im Kampf gegen die Araber. 983 folgte noch ein Slawenaufstand, deren Christianisierung und Unterwerfung war gefährdet.
Schon längere Zeit nicht gesund, starb Otto II. im Alter von nur 28 Jahren in demselben Jahr noch in Rom und wurde dort als einziger deutscher Herrscher beigesetzt.
Das Reich stürzte in eine Krise, denn Otto III. war beim Tod seines Vaters erst drei Jahre alt. Adelheid ( Gemahlin Ottos I. ) und Theophano ( Gemahlin Ottos II. ) verwalteten für den dreijährigen König in der Zeit der Unmündigkeit die Herrschaftsgebiete. Mit 16 Jahren wurde Otto III. dann 996 zum „Kaiser der Römer“ gekrönt. Er galt als Träumer, der Rom wieder zur Welthauptstadt machen wollte. Er verehrte Karl d.Gr. und die Erneuerung dessen Reichs war seine Hoffnung.
Für die römischen Adligen war er kein wirklicher Gegner und sie vertrieben ihn aus Rom. 1002 starb Otto III. in Civita Castellana, einer Stadt in der Region Latium. Begraben wurde er im Dom zu Aachen.
Auf Otto III. folgte Heinrich II., der letzte Ottone. An Stelle von Universalpolitik trat bei Heinrich das Reichsgebiet nördlich der Alpen wieder in den Vordergrund. Er festigte erneut die Beziehung zu den deutschen Bischöfen und stärkte damit die königliche Herrschaft und das Ansehen des Reiches. Heinrichs drei Italienzüge dienten hauptsächlich dem Erhalt der Kaiserwürde, die ihm 1014 von Papst Benedikt VIII. übertragen wurde.
Die Ehe mit Kunigunde von Luxemburg blieb kinderlos. Heinrich wie auch Kunigunde fanden im Bamberger Dom ihre letzte Ruhestätte. Beide wurden „heilig gesprochen“.