Herkunft und Stammeszugehörigkeit
Fehlende Quellen aus der damaligen Zeit lassen nur ungefähre Aussagen über die Anfänge zu. Bewiesen ist, dass spätestens um 500 n.Chr. sich die bayrischen Vorfahren zwischen Donau und Alpen niedergelassen haben. Etwa 50 Jahre später taucht vereinzelt der Name „baioarii“ für die Siedler östlich des Lechs auf. Bei den Forschern besteht keine Einigkeit, ob die Menschen dieser Gegend eingewandert sind oder aus alteingesessenen Kelto-Romanen bestanden. Sicher ist: Bayern ist nicht aus einem einheitlichen Stamm entstanden. Sie setzten sich aus Kelto-Romanen, Römern und germanischen Stämmen zusammen.
Landschaftsbild Bayerns um 500
Bayern bestand aus weit ausgedehnten Wäldern, landwirtschaftlich nutzbare Felder standen zuerst im geringen Maße zur Verfügung. Der Wald wurde meist als Waldweide mit kleinen Flächen zum Anbau genutzt (Waldfeldbau).
Unter den ersten Herzögen wurde gerodet und Siedlungen entstanden. Wie, wann und wo lässt sich durch die fehlenden Quellen nicht belegen. Erst ab dem 8. Jahrhundert ermöglichen Archäologie und Ortsnamenforschung genauere Aussagen: Durch Lage und Häufigkeit von Gräbern war in Bayern die häufigste Siedlungsform das „Haufendorf“. Haufendörfer sind nicht planvoll angelegte Siedlungen, sondern unregelmäßige Grundstücksgrößen und Höfe kennzeichnen diese Ortsgemeinschaften. Später erst entstanden sowohl größere Siedlungen wie auch Einödhöfe.
Typisch bayrische Ortsnamen
- Endung -„ing“ (schwäbisch -„ingen“) Zusammensetzungen mit Personennamen = Sippensiedlung z.B. Schwabing (bei den Leuten des Suuapo)
- Orte -„heim“ z.B. Aschheim Hier war nicht die Sippe, sondern der Ort wichtig.
- später: -hausen, -hofen, -stätten, -bach
- Aus der Karolingerzeit stammten: -dorf, -brunn
- Rodungsorte: -ried, -rent, -brand, -grün, aber auch -münchen, -zell, -münster
- Kelto-romanische Siedlungen haben Ortsnamen mit -walch z.B. Walchensee
- Slavische Ortsgründungen: Trebgast, Ködnitz, Fölschnitz, Oberzettlitz
Die 1. Herzöge Bayerns – die Agilolfinger
Über die Stammeszugehörigkeit der Agilolfinger gibt es keine sicheren Angaben. Vermutlich kamen sie aus Franken oder Burgund.
Die Position der Agilolfinger als Stammesherzöge wird in der ältesten bayrischen Rechtssammlung, der „Lex Baiovariorum“, wie folgt beschrieben:
„Die Agilolfinger …, weil sie die höchsten Fürsten unter euch sind. Der Herzog aber, der dem Volke vorsteht, war immerdar aus dem Geschlecht der Agilolfinger und soll es sein“.
(K. Beyerle, Lex Baiovariorum, München 1926, Tit. III,1,S.68)
Politik der Agilolfinger:
- Unabhängigkeit vom Frankenreich so weit als möglich
- Verbindungen zu anderen Stämmen (vor allem Langobarden), um Frankens Machtgegengewicht zu bilden
Die wechselhafte Stärke von Merowingern und Karolingern ermöglichte Bayern unterschiedliche Selbstständigkeit. Die Herzöge waren zwar zur Heerfolge bei den Franken verpflichtet, regierten ihr Land aber durchaus alleine.
- Landtage (Versammlung der Adligen)
- eigene Gerichtstermine
- Erlass von Gesetzen
- Klostergründungen
- Ernennung von Bischöfen
Die „Lex Baiovariorum“ enthielt dementsprechend bayrisches Gewohnheitsrecht wie auch fränkische Rechtseinflüsse.
Bayern und das Christentum
Die Agilolfinger, besonders Odilo und Tassilo III., waren intensiv an der Verbreitung des Christentums beteiligt.
Die drei „Apostel der Bayern“: Emmeran in Regensburg, Rupert in Salzburg und Korbinian in Freising.
Der Benediktinermönch „Bonifatius“(eigentlich Winfried), der „Apostel der Deutschen“, war 718 nach Rom gepilgert und bekam dort vom Papst einen Missionsauftrag. 739 schuf Bonifatius die Kirchen-Organisation und errichtete vier Diözesen: Regensburg, Passau, Salzburg und Freising. 741 folgten die Gründungen des Bistums Würzburg, kurz darauf des Bistums Eichstätt.
Papst Gregor III. schrieb im Oktober 739 an Bonifatius:
„Seinem hochverehrungswürdigen und sehr heiligen Bruder und Mitbischof Bonifatius Gregor, servus servorum Dei. In Deinem brüderlichen Schreiben hast Du es uns mitgeteilt, dass von den Völkern Germaniens unser Herr und Gott in seiner Gnade etwa hunderttausend vom Heidentum befreit hat und sich herbeiließ, sie durch Deine und des Frankenherzogs Karl Bemühungen in den Schoß der heiligen Mutter Kirche zu führen. Du hast uns außerdem mitgeteilt, dass Du zum Baiernvolke gekommen seiest und gefunden hättest, dass sie außerhalb der Kirchenordnung lebten, weil sie im ganzen Lande nur einen einzigen Bischof hätten, und dass Du mit Zustimmung des Otilo, des Herzogs der Baiern, und des Adels drei neue Bischöfe für dies Land geweiht hast und die ganze Landschaft in vier Teile zerlegtest, das heißt in vier Kirchenbezirke, so dass jetzt jeder Bischof seinen Bezirk hat. Das hast Du gut und sehr klug getan, mein Bruder, da Du die apostolische Gewalt, die Du in unserer Stellvertretung besitzest, so wie wir Dir anbefohlen haben, auch gebraucht hast“.
(Geschichte in Quellen, Bd.2, Mittelalter, bearb. von W. Lautemann, München 1970, S. 46)
Karl d. Große gliedert Bayern ins Frankenreich ein
Karls Ziel war es, ein fränkisches Großreich zu schaffen. Einzelne Stammesherzogtümer wie Bayern standen dabei im Wege.
Da der bayrische Herzog Tassilo jedoch zur Heerfolge verpflichtet war und einer Einladung nach Worms nicht folgte, zog Karl mit drei Heeresgruppen nach Bayern. Es kam nicht zum Kampf, da sich der Adel weigerte, Tassilo zu folgen. Der Herzog unterwarf sich Karl und erhielt Bayern nochmals als Lehen.
Ein Jahr später, 788, erschien Tassilo auf einem Hoftag zu Ingelheim. Dort wurde er verhaftet unter dem Vorwand, mit den Awaren ein gemeinsames Bündnis geschlossen zu haben (Treuebruch, Landesverrat). Diese angebliche Tat reichte aber nicht für eine Verurteilung. Karl nahm das Vergehen der „harisliz“ (= unerlaubte Entfernung vom Heer) noch mit als Anschuldigung dazu und verurteilte Tassilo zum Tode.
Durch das Todesurteil bekam Karl die Chance, die Herrschaft der Agilolfinger über Bayern aufzuheben. Tassilos Todesurteil wurde anschließend in Klosterhaft umgewandelt (häufigstes „Staatsgefängnis“).
Bayern wurde somit zu einer fränkischen Provinz und hatte seine Eigenständigkeit verloren.