Die erste in der Geschichte bekannte Demokratie entstand in Athen – Wie war sie entstanden und aufgebaut?
Die „Polis“ Athen
„Polis“ bedeutet „Staat“ oder „Stadtstaat“. Von diesem Wort stammt der spätere Begriff „Politik“, „politisch“ …, ab.
Zwischen 600 und 400 v.Chr. war Athen die berühmte Hauptstadt eines kleinen Staates auf der Halbinsel Attika in Griechenland. Sie befand sich am Fuße eines Burghügels, der „Akropolis“. Ein Gebirge trennte die aus ungefähr 300 000 Menschen bestehende Bevölkerung vom Nachbarstaat. An den Hängen des Gebirges weidete das Vieh und in den Ebenen des Landes wurden Oliven und Wein angebaut. Unweit von Athen lag der Hafen, der Piräus, dessen Fischerdörfer zum Staat dazu gehörten. Alle nannten sich zusammen „Athener“.
Wie wurde Athen in den Jahren vor 600 v.Chr. regiert?
Zur Zeit der Einwanderung standen Könige an der Spitze der jeweiligen Stämme. Um ca. 800 v.Chr. brachten in Athen aber vornehme und angesehene Adlige die Macht an sich. Sie waren reich, hatten Ländereien und Handwerksbetriebe, in denen Waffen und Haushaltswaren hergestellt wurden. In eigenen Werftanlagen wurden Schiffe gebaut, um Handel in fremde Länder betreiben zu können. Zur Bewirtschaftung des Landes und für die gesamte Produktion wurden Lohnarbeiter und Sklaven eingesetzt.
Wichtige Staatsorgane waren:
- „Areopag“: Er war ein Rat der Adligen, das oberste Gericht, das den Staat gegenüber dem Ausland vertrat.
- Volksversammlung: Sie entschied über Krieg und Frieden, beschloss Gesetze und wählte die höchsten Regierungsbeamten, die „Archonten“. Nur Adlige konnten in diese Ämter gewählt werden.
- Die gesamte Regierungsform wurde von den Griechen „Aristokratie“ genannt.
Ursachen der Staatskrise
Im Falle eines Krieges mussten die Soldaten für ihre Rüstung selbst aufkommen, ob zu Pferd oder als einfacher Fußsoldat. Nicht nur Adlige zogen in den Krieg, auch reichere Bauern, Handwerker und Händler rüsteten sich je nach Besitz aus. Diese nannte man „Hopliten“.
Zwischen 800 und 600 v.Chr. waren Handel und Handwerk rund ums Mittelmeer richtig aufgeblüht. Tauschhandel wie auch Bezahlung mit Silbermünzen aus Athen waren überall anerkannt. Wer Geld verdiente und besaß, konnte große Gewinne machen.
Im Gegensatz dazu erging es kleinen Bauern, Fischern, Hirten und Landarbeitern immer schlechter. Sie mussten oft das Wenige, das sie vielleicht hatten, verkaufen und bei den Reichen Schulden machen. Hoch verschuldet wurden sie häufig zu Sklaven, die selbst wie auch deren ganze Familien in die Fremde verkauft wurden.
Der Ruf nach Abhilfe, um aus diesem riesigen Gegensatz zwischen arm und reich herauszukommen, wurde immer größer …
Solons Reformgesetze
Solon hatte Ansehen als Politiker, Dichter, Philosoph und Redner. Heute würden wir sagen, er war Gesellschaftskritiker, der sich mit den Problemen neutral auseinandersetzte und nach Lösungen suchte. Solon wurde 594 v.Chr. zum Schiedsrichter und Gesetzgeber gewählt, „um dem Wohl des Ganzen“ zu Hilfe zu kommen, bevor der Staat zugrunde gehen würde.
Solons Vorschläge:
- Schuldenerlass für die Armen
- Beseitigung der Leibeigenschaft
- Mehr Rechte für Bauern und Handwerker in der Volksversammlung
- Einsetzung von Volksgerichten, die jeder Bürger in Athen anrufen kann
- Reiche dürfen ihren Grundbesitz behalten und haben allein das Recht, in den Areopag aufzusteigen
Aufteilung der Bevölkerung in vier Klassen:
- Klasse = Großgrundbesitzer, Großkaufleute – Rechte: Besetzung hoher Ämter – Pflichten: Hohe Geldbeträge für den Staat
- Klasse = Großbauern, Unternehmer – Rechte: Besetzung mittlerer Ämter – Pflichten: Kriegsdienst in der Reiterei
- Klasse = Kleinbauern, Kleinhändler, Fischer – Rechte: Teilnahme an der Volksversammlung – Pflichten: Kriegsdienst als Hopliden
- Klasse = Lohnarbeiter – Pflichten: Kriegsdienst als Matrosen und Leichtbewaffnete
Mit dieser Klassenaufteilung wurde die Bevölkerung nicht mehr nach Herkunft, sondern nach Besitz und Einkommen aufgeteilt. Rechte und Pflichten waren durch Gesetze festgelegt. Diese wurden auf große Tafeln geschrieben und öffentlich aufgehängt. Man kann diese Lebensordnung als Verfassung bezeichnen – Aber sie war nicht demokratisch.
Die politische Mitwirkung aller Athener, mehr Gleichheit und Rechte, d.h. eine Demokratie, wurden gefordert!
Erst nach vielen Jahren und auf dem Umweg über eine Tyrannenherrschaft (Peisistratos) kam Athen dem Ziel einer demokratischen Grundordnung näher.
Kleisthenes um 510 v. Chr.
Die neue Verfassung wurde zum größten Teil von ihm bestimmt!
Volksversammlung:
Alle freien Bürger von Athen waren gleichberechtigt. Sie wählten Beamte, Richter und Offiziere. Jeder freie Athener konnte sich für diese Ämter bewerben. Die Amtszeit betrug in der Regel ein Jahr und es musste Rechenschaft des Tuns und Handelns abgelegt werden. Die Volksversammlung beschloss Gesetze, entschied über Krieg und Frieden und besaß eine Kontrollfunktion gegenüber Regierung und Militär.
Rat der 500
Er war die Regierung und für die laufenden Regierungsgeschäfte zuständig. 50 Vertreter aus 10 Wahlbezirken Athens, gleichmäßig vertreten aus allen Bevölkerungsschichten, sorgten dafür, dass die Beschlüsse der Volksversammlung vorbereitet und durchgeführt wurden. Jeden Tag entschied das „Los“ über den Vorsitz im Rat. So konnte jeder für einen Tag „Staatsoberhaupt“ sein.
Volksgerichte
Die komplette Gerichtsbarkeit unterstand den Volksgerichten. Sie fällten Urteile, schlichteten Streitigkeiten, überprüften die Tätigkeiten der Behörden, überwachten den Hafen, die Märkte und die öffentlichen Bauten.
Scherbengericht
Eine einzige Gerichtsentscheidung war der Volksversammlung zugeteilt: Bürger, die verdächtigt wurden, „die innere Freiheit Athens“ zu bedrohen, konnten verbannt werden. Jeder freie Mann durfte einmal im Jahr den Namen eines Verdächtigen auf eine Tonscherbe schreiben. Mindestens 6000 Stimmen waren nötig, um denjenigen für zehn Jahre aus dem Land zu jagen. Es sollte dadurch eine nochmalige Tyrannis verhindert werden.
Die Einteilung der Bevölkerung in vier Klassen blieb erhalten. Ca. 450 v.Chr. bestand die 1. Klasse aus rund 300 Athenern, die 2. Klasse aus 900, die 3. Klasse aus etwa 8000 und die 4. Klasse lag zwischen 20 000 und 30 000 Personen.
In der Volksversammlung hatten ja alle gleiche Rechte und waren zu allen Ämtern zugelassen, somit gab die Masse der Bürger aus der untersten Schicht, der 4. Klasse, den Ausschlag bei Entscheidungen. Um bei den Wahlen niemanden zu bevorzugen, wurden Beamte, Richter und Ratsherren zusätzlich durch das „Los“ bestimmt.
Eine weitere Neuerung gab es: „Politiker“ sollten für ihre Tätigkeiten bezahlt werden. Die ärmeren Leute konnten doch nicht die „Arbeitsplätze“ verlassen, um in die Politik zu gehen, sie benötigten Geld für ihren Lebensunterhalt.
Perikles (443 – 429 v.Chr.), führte einen Kriegssold, die Amtsbesoldung und ein Tagegeld (Diäten) ein. Man ermöglichte auch den Ärmeren an Festen und Veranstaltungen teilzunehmen und versorgte sie durch Getreidespenden oder mit Eintrittskarten für einen Theaterbesuch.
Die Mehrausgaben wurden durch Zölle und Steuern aus der besitzenden Klasse gedeckt.
Frauen und Sklaven in Athen
Der Platz der Frau war das Haus. Ihre gesellschaftliche Pflicht war … sich zurückzuhalten, möglichst wenig zu sprechen.
Ausbildung der Mädchen:
„… Sie war noch nicht 15 Jahre alt, als ich sie heiratete. Die Zeit vorher hatte man fürsorglich auf sie aufgepasst, damit sie möglichst wenig sah, hörte und fragte. Ich war schon damit zufrieden, dass sie bei ihrem Kommen bereits verstand, mit Wolle umzugehen und ein Gewand anzufertigen, und dass sie auch schon bei der Spinnarbeit der Dienerinnen zugesehen hatte. Außerdem war sie im Kochen vorzüglich erzogen, mein lieber Freund, was mir bei Mann und Frau die wichtigste Erziehungsfrage zu sein scheint …“
(Aus: Xenophon, Hauswirtschaftslehre 7,3. Abgedruckt in: Geschichte in Quellen Bd. I, a.a.O., S. 285)
Nach Auffassung der Athener bestand der Staat nicht aus Einzelpersonen, sondern aus Familien. Jede Familie war, politisch gesehen, durch das Familienoberhaupt repräsentiert.
Zugewanderte Ausländer, die in Athen arbeiteten, hatten kaum politische Rechte. Komplett ausgeschlossen wurden die Sklaven, die Unfreien, die meist Kriegsgefangene waren. Auch deren Kinder blieben Sklaven, wenn sie nicht von deren Besitzer die Freiheit geschenkt bekamen.
Etwa ein Drittel der athenischen Gesamtbevölkerung waren nach Schätzungen damals Sklaven.
Perikles 443 – 429 v.Chr.
Er war der berühmteste demokratische Staatsmann Athens. Viele Athener hielten ihn für den idealen Führer. In der Geschichtsschreibung (Thukydides) wird er auch manchmal als alleiniger Herrscher gesehen.
Jedoch wird über die Demokratie in gleicher Weise berichtet.
Trotz voller Gleichberechtigung aller Staatsbürger besaßen geschickte Politiker mehr Einfluss als andere und konnten so Abstimmungen zu ihren Gunsten entscheiden